Eine feministische Anthropologie II
Gerda WeilerGerda Weiler beschäftigt sich in dieser hervorragend strukturierten Arbeit mit der Bedeutung der Frau innerhalb der Entwicklung der Menschheit. Nachdem sie ausführt, dass Frauen als Forscherinnen nach Möglichkeit aus dem wissenschaftlichen Rahmen ausgeblendet werden, beginnt sie, das weibliche Potential schon bei den PrimatInnen herauszuarbeiten. Sie zeigt, dass es bereits in den ersten Anfängen geniale Mütter waren, die die kulturelle Evolution angeschoben haben.
Die Frau in der Urzeit (Luzy) und die Entwicklung von der Ramapitheca bis zur heutigen Menschheit stehen für sie zur Diskussion. Sie betrachtet jeden Entwicklungsschritt immer auch unter dem Blickwinkel, welche Leistung gerade durch die bis heute zumeist ignorierten Frauen erbracht wurden. Sie macht deutlich, dass die häufig in filmischen Dokumentationen dargestellten Gruppenbildungen (Jäger-Mann mit Keule) der männlichen Phantasie entsprungen sein müssen; sie beleuchtet die Muttersprache und die heiligen Schriftzeichen der sich entwickelnden Frauenkultur.
Mit viel Liebe und Detailtreue schildert sie die Geborgenheit in der Sakralkultur der Altsteinzeit. Deutlich zeichnet sich ab, dass ein Innen (Frauen-Gruppe) und Außen (Junggesellen-Banden) gelebt wurde, was den inneren Frieden und die äußere Abenteuerlust im Gleichgewicht ermöglichen konnte.
Später beschreibt sie, wie sich durch Überfluss, Hirtenvölker und wandernde Männer / Händler die unfriedliche Gegenwart einleitete, indem die Große Göttin patriarchalisiert wurde, einem gewalttätigen Götter-Vater untertan. Die LeserIn erfährt, wie aus urprünglich schützenden Männern dominierende Herrscher wurden, die sich mit Gewalt, Besitz und Demütigung nahmen (und bis heute nehmen), was durch die Arbeitskraft von Frauen und unterlegenen Männern an Leistung erbracht wird.
In der heutigen Zeit angekommen, analysiert Gerda Weiler noch einmal zusammenfassend, welche Faktoren Gewalt und Kriege bedingen, um einer liebevolleren Zukunft die Türe zu öffnen.
Diese Anthologie ist lesenswert. Sie zeichnet sich aus durch einen exquisiten analytischen Blick auf das, was bisher entweder falsch dargestellt oder unter den Teppich gekehrt worden ist. Obendrein klärt sie, was zuerst da war – Ei oder Henne:
Es ist erfrischend, dieses Buch zu lesen – gleichgültig, welchem Geschlecht die LeserInnen angehören.