Der Aufstieg einer verkehrten Welt und die Suche nach der richtigen
Bernd Hercksen, 2010Interessiert an einem Einstieg in die Thematik „Matriarchat – Patriarchat„? Dann ist dies das richtige Buch, denn Bernd Hercksen beschreibt in lesbarem Deutsch (keine Schlangensätze a la Althumanismus, keine Fremdwortansammlung nach dem Anti-Motto „der Usus von Fremdworten sei auf ein Maximum zu potenzieren“). Vielmehr in flüssigem Stil zweispaltig geschrieben. Das Auge kann also Zeilen überfliegen, aber auch vertiefen, ohne sich in der Länge der Zeile zu verlieren.
Ganz einfach: hier sollten all die einsteigen, für die sich dieses Thema als aktueller denn je erwiesen hat. Es ist aktuell, wie der derzeitige Banken- und Staaten-Crash beweist.
Bernd Hercksen schlägt einen großen Bogen. Er beginnt mit dem, was uns aus vorgeschichtlicher (Stein-)Zeit zur Verfügung steht, also bevor irgendeine weltweite geologische Katastrophe das Leben gravierend erschwerte. Also bevor Menschen gezwungen waren, a la Sintflut andere Gegenden aufzusuchen, um ihr Überleben zu gewährleisten. Die Saharasia-Theorie hält er gleich mir für die wahrscheinliche Variante. Er geht auf die damalige Sozialstruktur ebenso ein wie auf die matriarchale Zivilisation, die keineswegs als primitiv bezeichnet werden kann, wie heute noch existierende Relikte beweisen.
Dann beschäftigt er sich mit den Umständen, die ein Patriarchat ermöglichten, und den vermutlichen Abläufen, die zu seiner weltweiten Installation führten. Er durchläuft alle Eckdaten und -ereignisse, die in den letzten 6-7 Tausend Jahren unsere Welt verändert haben, um das heute bestehende Chaos zu gestalten. Er schildert die Hintergründe für Krieg, Mord und Totschlag ebenso wie die ökonomischen Faktoren, auf denen jede Herrschaft, auch die der heutigen Demokratien aufbauen.
Ein ausführliches Quellenverzeichnis sowie die sich darauf beziehenden Fußnoten (heute muss so etwas einfach betont werden :D) machen es den LeserInnen möglich, all seine Angaben zu überprüfen bzw. das damit verbundene Wissen zu vertiefen. Historiker- und Archäologen-Behauptungen, dies sei falsch dargestellt, verlieren damit jede Bedeutung. Er belegt hieb- und stichfest, was er in den Raum stellt. Auch das muss betont werden, denn diese Forschungsrichtung unterliegt in wissenschaftlichen Kreisen einer all zu häufigen Diskriminierung.
Was mir besonders gefällt: es ist Hercksen gelungen, ein Zeitgemälde mit kolossalem und plastischem Eindruck vergangener Zeiten zu gestalten. Es ermöglicht einen fulminanten Einstieg in das Thema, denn es bindet und baut neugierige Spannung auf. Es ist ein Buch, das in seiner Struktur und Präzision bisher auf unserem deutschen Büchermarkt gefehlt hat; jedenfalls soweit ich diesen bisher durchforsten konnte. Genau so ein dezidiertes Einsteigerbuch kann ich von Herzen empfehlen. Auf gut Deutsch: ich bin begeistert.