*
Es war einmal vor langer Zeit
ein Land, das hieß Beschaulichkeit.
Hier lebten Menschen, deren Ziel
war Ruhe und des Glückes viel.
.
Da traf ein riesengroßes Ding
dies Land, in dem es Feuer fing.
Der Brand lief weit und hoch durch’s Land.
Feld, Wald und Wiese ward verbrannt.
.
Die Kinder, Tiere, Männer, Frauen
versuchten wieder aufzubauen,
was Flammen fraßen und zerstörten,
während die Herzen sich empörten.
.
Keiner verstand, was da gescheh’n;
drum sollte bald ein Bote geh’n,
um rauszufinden jenen Grund,
der mit dem Teufel stand im Bund.
.
Aus ihrer Mitte wählten sie
Babette, die Frau mit Phantasie.
Sie sollte alle Nachbarn suchen:
im Land des Lachens, Weinens, Fluchens.
.
Babette zog los auf lange Fahrt.
Sie reiste auf verschied’ne Art.
Mal ritt sie einen weißen Hund,
mal flog sie Vögel, schön und bunt.
.
So kam sie viele Wochen später
ins Land der laut lachenden Väter.
Hier fand sie schon nach kurzer Zeit
die Zeichen steter Traurigkeit.
.
Sie fragte diesen, fragte jenen,
wie hierher soviel Tränen kämen.
Wie sei es möglich, daß im Land
des Lachens sie das Weinen fand.
.
Die Menschen blickten trüb sie an:
Daß es mit einem Ding begann,
erfuhr sie; dick und rund
sei es für einen Großbrand Grund.
.
Die ganzen Städte, Dörfer, Felder
seien zerstört, verbrannt die Wälder.
Man hätte viel dafür gegeben,
zu schützen aller Wesen Leben.
.
Doch -ach- gegen solch‘ groß Gewalt
versagten alle Kräfte bald.
So sei die große Traurigkeit
inzwischen ihre Wesenheit.
.
Babette erzählte ihrerseits,
daß in ihr Land vor ein’ger Zeit
geflogen kam ein solches Ding,
das überall gleich Feuer fing.
.
Auch ihr Land sei zerstört und leer.
Beschaulichkeit sei ihr nun schwer.
Sie suche überall den Grund;
so sei das Leben nicht gesund.
.
Und auch die Lächler, voller Qual,
schritten sofort zur Botenwahl.
Sie fanden Hannes, einen Mann,
der mit Babette den Weg begann.
.
Zu zweit begaben sie sich fort.
Ihr Schritt bracht‘ sie von Ort zu Ort.
So langten sie nach vielen Meilen
ins Land, wo tausend Tränen weilen.
.
Babette ging zu der ersten Tür.
Sie fragte nach der Mutter hier.
Und eine alte Frau voll Schmerz
zog sie zu sich bedrückt ans Herz.
.
„Mein Kind, ja weißt Du nicht, warum
in unserm Land manch‘ Rücken krumm?
Weshalb so oft voll Gram und Pein
ich weine manches Tränelein?
.
Vor Jahr und Tag schon flog heran
solch Ding, und tot war Frau und Mann.
Sag, Kleines, muß ich noch erwähnen,
warum dies ist das Land der Tränen?
.
Entsetzen, Trauer, Einsamkeit
zerschlug dies Land im Lauf der Zeit.
Willst Du den Grund, dann mußt Du suchen
im Land des Hasses und des Fluchens!“
.
Babette und Hannes standen stumm.
Sind Menschen wirklich gar so dumm,
daß sie dem Nächsten bringen Leid,
Verzweiflung und auch Einsamkeit?
.
Drauf rief der Hannes in den Wind
nach seinem Freund, dem Adler >Gschwind<.
Der Vogel kreist zur Erd‘ herab
zu Hann’s, der ihm den Namen gab.
.
„Was ist dir, Freund, was Dein Begehr?
Sag Deinen Wunsch, und ist’s auch schwer,
für Dich werd‘ alles ich versuchen!“
„So bring uns in das Land des Fluchens!“
.
Der Vogel nahm sich sehr in Acht,
und seine Klauen mit Bedacht
ergriffen vorsichtig die Zwei.
Dann macht er sich vom Boden frei.
.
Er schwang sich hoch, durchflog den Tag,
erreicht‘ das Land, das drunten lag,
des Fluches und des Hasses Land,
wo dieses Ding den Ursprung fand.
.
Babette und Hannes traten nun
in dieses Land ohn‘ auszuruhn.
Geschwind, der Adler, flog zurück,
er schenkte diesem Land kein‘ Blick.
.
Dies Reich, es zeigte sich im Kleid
der großen Unerträglichkeit:
Die Tiere, Büsche, Blumen, Bäume
erschienen wie in bösen Träumen.
.
Die Städte, groß und weit gespannt,
durchzogen häßlich dieses Land.
Die Menschen wirkten müd‘ und alt,
die Herzen schienen trüb und kalt.
.
Babette und Hannes griff’s ans Herz,
nur Angst, nur Furcht, unsagbar Schmerz.
Sie schlichen durch die Straßenschluchten,
die auch die Menschen hier verfluchten.
.
Und sie erkannten mit der Zeit
das Grau’n einer Persönlichkeit,
die eisern schlug mit Angst und Pein
bedrückend in den Kern, ins Sein.
.
Dies ICH hieß ER, dies war sein Nam‘,
Er brachte Kummer, Pein und Gram.
Wo immer ER den Menschen traf,
verlor der seine ganze Kraft.
.
Dies Land war kontrolliert und leer.
Befehl war Zwang – unendlich schwer.
Die Menschen hier war’n ohne Leben,
ohne Gefühl und ohne Streben.
.
Babette und Hannes fanden bald
in einem nassen Schuppen alt,
krumm und gebeugt ’nen greisen Mann.
„Ob der uns vielleicht helfen kann?“
.
„Vergeßt, was euer Auftrag war`
Glaubt mir, bald greift euch SEINE Schar!
Bald weiß ER, daß ihr bei mir seid,
gegen den Robot nicht gefeit.
.
Maschinen kontrollier’n dies Land,
die einst der Mensch als Hilf‘ erfand.
Sie sind entglitten seinem Wollen:
Nun zwingt’s die Menschen, was sie sollen!“
.
Hannes begriff, welch großes Grauen
er konnte in der Zukunft schauen.
„Wofür steht ER, was ist da los?“
„Das ist der Comput, der Koloss!“
.
Er ist ein maschineller Brocken,
den einst die Technik fand verlockend.
Das Großhirn, das den Robots sagt,
das alles weiß, das niemals fragt.
.
Mein junger Freund, der Koloss zwingt
zu tun, was fremdes Woll’n bedingt.
Doch dieses Woll’n ist Euer Glück,
denn niemals führt ein Weg zurück!“
.
Und grad in selbigem Moment
ein eisern Ton die Türe sprengt.
Herein gelangen acht Gesellen,
den‘ eisern große Muskeln schwellen.
.
Entsetzen packt Hann’s und Babette,
– der alte Mann war doch so nett!
„Koloss ist meine Kreatur,
sie folgt drum meinen Wünschen nur.
.
Weil ich der Welt die Ordnung bring,
weil ich ihr meinen Will’n aufzwing,
wird bald vernichtet sein all das,
was bricht mit meiner Regel Maß.
.
Dein Ding, das ist mein >Friedensbringer<,
und ich bin dieser Welt Bezwinger!
Doch wollt ihr nicht getreu mir sein,
dann schlag ich Euch den Schädel ein!“
.
Erstarrt in Schrecken und in Grauen
zwingt ER Babette und Hann’s zu schauen,
was kranker Geist zu schaffen glaubt,
indem er allen alles raubt.
.
Die Robots greifen nach den beiden,
um sie dann vor sich her zu treiben.
Ein Berg eröffnet seinen Schlund,
der bodenlos und ohne Grund.
.
Versunken sind sie schon zu zweit
und ohne Willen bald bereit,
zu bau’n das nächste runde Ding,
das dieser Welt ihr Heil so bring‘.
***