iele Stunden war die Sonne schon untergegangen, als eine weiße Wolke unbemerkt über den Himmel heranzog. Da kein Strahl sie erhellte, nahm sie auch niemand wahr. Sie ließ sich über einem Haus am Rande eines Baches herabsinken und verharrte über dem steilen Dachfirst.
in leichtes Lachen lag in der Luft, als sich viele Tropfen aus der Wolke lösten und die Schindeln benetzten. Doch die Natur schlief und mit ihr die Menschen. Die Eule, die im Baum saß und nach Beute Ausschau hielt, schreckte erstaunt hoch und rief.
as Lachen erklang erneut: „Und das halten die Menschen für den Ruf des Todes! Manchmal haben sie ja recht, wenn wir eine müde Seele in das Reich des Lichts begleiten. Doch meistens eilen wir liebenden Menschen zu Hilfe – auch ohne daß sie sterben wollen.“
ie kleine leuchtende Funken ergossen sie sich durch Dach und Wände in das Innere des Hauses und versammelten sich um jeden Schläfer. „Komm zu uns zum Träumen, komm, komm,“ summten viele tausend Stimmen. Und die Menschen sanken in einen noch tieferen Schlaf.
ie Körper entspannten sich. Das Bewußtsein einer jeden Zelle begriff, daß nun seine Zeit gekommen war, all die Schäden eines jeden Momentes des vergangenen Tages zu bereinigen. Der Stoffwechsel des Organismus begann seinen Aktionsrhythmus, seinem Träger zu helfen, soweit dieser es zuließ.
ann teilte sich das reine Bewußtsein des Schläfers von dem des Körpers ab, um diesen seine Arbeit machen zu lassen. Es stieg zu den Funken auf und verband sich mit ihnen. Nun erfüllte ein leichter Schimmer die Luft, die in einem ewigen Rhythmus zu schwingen begann.
„reude, Harmonie und Liebe sind mein Sein,“ sang das Bewußtsein, „Liebe zu Euch, die wir alles sind, was immer ist. Laßt uns wissen, daß wir der Quell des Lebens sind. Laßt uns die Stärke der Schöpfung in unserer Kraft spüren.“ Und die Funken stimmten mit ein:
>>reude, Harmonie und Liebe...<< So entstand ein voller Ton, der die Schwingung der Luft weitertrug, hinaus in die Nacht und zu den Sternen.
nd wenn Du genau hinsehen würdest, sähest Du eine dünne, feste Schnur, die das Bewußtsein mit seinem Körper verbindet, obwohl es sich immer weiter zu entfernen scheint. Aber ich vergaß, Du kannst es ja nicht sehen, Du schläfst ja. Und wenn Du wach bist, hast Du Deine Göttlichkeit vergessen. Dann hältst Du Dich fest an all den Nebensächlichkeiten, die Ihr Menschen Leben nennt.
o will ich Dir denn erzählen, was Du immer schon wußtest. Was Du täglich vergißt, um es des Nachts zu leben.
nd ich will es Dir so erzählen, daß Du es verstehst. Ich appelliere dabei an Dein ewiges Gedächtnis, das Du nur zulassen mußt. Denn Du bist reines Bewußtsein, das alles weiß, ohne es je lernen zu müssen.
chau, Du hast Dich als Mensch entschlossen, auf die Welt zu gehen. Du warst neugierig. Du wolltest wissen, was Du zwar längst wußtest, was Du aber glaubtest, ausprobieren zu müssen. „Ich bin Praktiker im Leben – als Bewußtsein ist mein Wissen theoretisch. Da ist es spielerisch. Zu leicht kann ich die Modalitäten ändern, wenn mir eine Variante nicht gefällt. Als Praktiker werde ich das vergessen haben. Dann kann ich es ausprobieren bis in die letzte Feinheit. Die Zeit, die ich mir damit schenke, ist eh sehr kurz und nur ein Bruchteil meiner Ewigkeit. Ich bin Praktiker des Lebens – ich probiere.“
o wurdest Du geboren: erst in Gedanken, dann in Deinen Körper. Weißt Du nicht mehr? Deinen Körper hast Du Dir ausgesucht. Dieser Dein Körper erfüllt alle Voraussetzungen, Deine praktische Erfahrung zu machen. Mit ihm kannst Du die Tiefe der Empfindung ausloten, den Höhenflug der Gedanken ermessen und die Begrenztheit eines Zwanges erfahren.
urz vor der Geburt wurde Dir bang, ob Du es denn ertragen würdest. Du hast uns gebeten, Dir zu helfen. Und wir haben es Dir versprochen: Rufe uns und wir stehen Dir bei. Dann bist Du eingetaucht in das, was Du nun Leben nennst.
ie durch ein Mikroskop konntest Du vom ersten Moment an alles betrachten. Du, der Schöpfer aus Licht, erfuhrst das Licht durch den Fokus Deiner Pupillen – und es erschreckte Dich zutiefst. Du, der Inbegriff der Wärme und Liebe, erfuhrst als erstes Kälte und Zurückweisung, als Du mit den Beinen nach oben gehalten, Deinen ersten Schreckensschrei ausstießest. Dein Leben fokussierte sich auf etwa 50 cm Körperlänge und den ersten Moment der absoluten Hilflosigkeit.
ann durchflutete Dich Zuneigung, als Deine Mutter Dich in ihre Arme nahm. Du verbandest Deine Energien mit den ihren. Deine Chakren, die Dich mit der Ewigkeit verbinden, tauchten ein in die ihren. Sie begannen zu drehen, immer schneller, immer höher, bis sie Himmel mit Erde verbanden.
u danktest uns für unsere Hilfe, als wir eine leuchtende Kugel reiner Energie um euch hüllten. Reine Liebe strömte nun durch das Innere und ließ es in rosarotem Licht erstrahlen.
iel Zeit verbrachtest Du in den nächsten Monaten damit, Deinen Körper zu verbessern. Deine Energie ließ ihn wachsen und immer feiner organisieren, bis er die Voraussetzungen erfüllte, die Du von ihm fordertest. Du installiertest einen Teil Deiner Bewußtheit in jeder einzelnen Zelle, in jedem einzelnen Atom. So wurdest Du zur Zelle und zum Atom.
urch die Kraft Deiner Ewigkeit aber bist Du auch eine Persönlichkeit, die sich erlebt. Mit allen Höhen und Tiefen von Bewußtseinsausschnitten. Diese Bewußtseinsausschnitte hältst Du für Dein Ego. Du sagst dazu „ich“. „Ich bin ein Mensch.“ „Ich bin Künstler.“ „Ich bin ein Mann, eine Frau.“ „Ich bin großzügig.“ „Ich bin mächtig.“ „Ich“ ist zu einem Schlüsselwort geworden, an dem Du all Dein Sein aufhängst und von dem Du abhängst.
och Du bist viel größer. Dein Sein reduziert sich nicht auf täglichen Hunger oder Durst, sei es nun nach Essen oder Trinken, sei es nach Macht oder Erfolg. All das kannst Du haben, aber es wird Dich nicht befriedigen. Du wirst immer glauben, daß da noch mehr sein muß.
as stimmt, da ist noch mehr. Aber es liegt nicht dort, wo Dein „Ich“ es sucht. Da Du nicht die ganze Welt als Mensch besitzen kannst, wird es immer noch etwas Materielles geben, daß Dein Besitzbedürfnis noch nicht erreicht hat. Ein Menschenleben währt nicht lang genug dazu. Und selbst wenn, jenseits der irdischen Atmosphäre gibt es einen Mars und eine Venus, einen Saturn und einen Jupiter. Diese Planeten gehören Dir nicht.
nd selbst wenn die ganze Galaxis Dein Eigentum wäre, wäre da noch die Nachbargalaxis, die sich Dir entzieht. Als Mensch bist Du reduziert.
u bist reduziert auf diesen Teilaspekt des Seins, solange Du Dich ausschließlich mit dieser Hülle identifizierst. Von dieser Hülse sprichst Du, als seiest Du nur sie. Dann kannst Du nie vollkommen alles besitzen; kannst nicht vollkommen werden. Dann schläft immer in Dir der Wunsch, vollkommen zu sein. Dieser unstillbare Wunsch müßte in Dir das Wissen wachrufen, daß Vollkommenheit jenseits der Hülse mit Namen Körper liegt. All Deine Mythen und Religionen, gleich welcher Art, berichten Dir davon.
och in dieser Zeit hast Du Dich entschlossen, handfest zu sein. „Realistisch“ sagst Du dazu. Mit Naturwissenschaften versuchst Du, die Ewigkeit zu messen und die Unendlichkeit auf eine handliche Größe zu reduzieren. Mit Wissenschaft willst Du Leben erklären, entzaubert von der Göttlichkeit Deines eigenen Seins. Und wenn Du von der Quelle des Lebens sprichst, denkst Du an den Unterleib der Frau und den Penis des Mannes, notfalls ersetzt durch das Genlabor von Professor Kreatus.
ls Kind warst Du da anders. Da liefst Du mit offenen Augen und Ohren durch die Welt. Du sahst alles Leben, ob nun mit oder ohne begrenzenden Körper. Wenn es Dir Angst machte, weil es Geister doch nicht gäbe, hast Du ihm Form gegeben. Aber Du warst offen für alles Leben.
ann erzählten Dir die Erwachsenen, die bereits den Kompromiß mit der Form eingegangen waren, Geistwesen seien nicht vorhanden, dies sei alles Aberglaube. Doch Du hast gedacht: ‚Aber ich glaube es dennoch!‘ Nun, insofern war es „Aber-(ich)-Glaube“.
rinnere Dich! Glauben transportiert Dein Wissen, das Du nie erwerben mußtest, weil Du es immer schon hattest. Du bist Dein Wissen. Du kannst es nie beweisen, es sei denn durch Deine eigene Existenz. Doch die stellst Du in ihrer Umfänglichkeit täglich infrage.
enn Dir die anderen nicht versichern, Du seiest gut, schön, klug, erfolgreich oder mutig, bezweifelst Du jede gute Eigenschaft in Dir. Du machst Dich klein, dumm und tolpatschig. So flüchtest Du in Deine Kindertage. In der stillen Hoffnung, wieder so vollkommen zu sein wie damals.
amals trugst Du keine Verantwortung. Du konntest den Tag nehmen, wie der Tag war. Du konntest wütend oder fröhlich sein. Du konntest den Moment leben, wie der Moment war. Damals warst Du der Praktiker.
eute bist Du wieder der Theoretiker. Du erinnerst Dich eines Gestern und fürchtest Dich heute vor dem Morgen. Denn Du nimmst an, daß Deine Erfahrungen von gestern grundsätzlich und immer auch heute eintreten müßten. Als hätte sich die Welt inzwischen nicht verändert, als hättest Du nichts dazugelernt, als seiest Du keinen Tag älter geworden.
o wird Dein Leben zu einer Theorie, die Du irgendwann an der Schwelle der Jugend festgeschrieben hast. Dieser Theorie versuchst Du zu genügen. Du versuchst sie zu erfüllen. Und damit dies auch eintritt, tust Du alles, was diese Voraussage zur Wirklichkeit macht.
Du hast die Macht dazu.
„acht“ heißt, daß man es machen kann. Wach auf, Du hast die Macht. Mach etwas daraus. Nur verzichte dafür auf die Theorie und werde wieder Praktiker. Probiere immer wieder und erneut aus, was Leben noch alles beinhalten kann. – Wenn Du nur willst. Gib Deiner Phantasie wieder neuen Raum; den alten kennt sie, er ist langweilig und eine ständige Wiederholung – wie eine Schallplatte mit einem Sprung.
ede Nacht trennst Du Dein Körperbewußtsein von Deinem Geistbewußtsein und Deinem Seelenbewußtsein, um Dich auf die Große Reise zu begeben. Nun ist Dein Sein befreiter. Jede Nacht erinnerst Du Dich an Deine Fülle und lebst sie.
ede Nacht sind wir alle zusammen und eins. Den Tag über müssen wir uns rufen, des Nachts verstehen wir uns.
esinne Dich Deines Seins, Deines Glaubens, Deines Wissens. Besinne Dich auf uns. Auf unser EinsSein. Mit Deiner Trennung von uns bleiben wir alle unzufrieden zurück. Wir, die Geister, schlafen des Tags und erwachen des Nachts. Du, der Mensch, wachst des Tags und schläfst des Nachts. So sind wir uns gegenseitig der Traum.
a Du der Praktiker bist, hängt es von Dir ab, ob wir wieder gemeinsam erleben können, was Deine Neugierde befriedigt. Rufe uns, damit wir aufwachen. Dann sag uns, wo wir Dir helfen können. Uns beschränkt kein Körper. Und auch wir waren einmal auf der Erdenreise und wollen uns weiterentwickeln.
a unsere Entwicklung mit der Deinen verbunden ist, sollten wir gemeinsam all unsere Wege gehen. Du als der Meister der körperlich gebundenen Energie, wir als die Meister der frei fließenden Energie. Die Energien fließen in jedem Fall; wir aber können sie meistern – gemeinsam. Wir können sie kanalisieren. Uns allen zur Freude.
uch wenn Du Dich all dessen nicht erinnerst, sei doch einfach neugierig und probiere es aus. Du bist der Praktiker. Stillzuhalten hinterläßt in Dir einen solchen Energiestau, daß Du „platzen könntest“; daß Du unzufrieden mit Dir selbst wirst – in jeder Hinsicht. Also mußt Du etwas tun. Und wenn Dir das Ergebnis bisher nicht so recht behagt, dann ändere die Methoden.
enn Du heute so handelst wie gestern, dann wird Dir morgen passieren, was Dir heute passiert ist. Wenn Du hingegen heute etwas Neues probierst, wirst Du auch morgen mit einem anderen Ergebnis rechnen müssen. Dieses neue Ergebnis könnte Dir besser gefallen! Ist das ein Anreiz? Versuch es doch einfach mal.
a Macht eines Deiner Ziele ist, mach etwas Neues – rufe uns, Dir zu helfen. Wir werden alles tun, was uns möglich ist, Dich zu überzeugen. Doch den Anfang mußt Du machen, denn Du bist der Praktiker.
enn Dir morgen einen Arbeit kläglich schwer von der Hand geht, dann befreie Deine Gedanken von der Angst. Denke, wie schön es ist, diese Arbeit erfolgreich beendet zu haben. Und wenn Dir Deine Gedanken reinreden, widersprich ihnen mit immer dem gleichen Satz: „Ich bin gleich fertig und ich bin fröhlich – Ich bin gleich fertig und ich bin fröhlich – ….!“ Wenn Du Lust hast, stell Dir vor, wie wir Dir helfen.
ennst Du die Heinzelmännchen? Zwerge, die dem Menschen nachts die Arbeit erledigten? Nimm einfach an, wir seien zwar unsichtbar, aber wir täten an allen Enden und Ecken eben diese Arbeit. Wir erleichterten Dir Deine Aufgabe, wo immer Du uns helfen läßt.
ann betrachte nach Fertigstellung das Ergebnis. Frag Dich wie Du Dich dabei fühlst und achte darauf, wie Dich die anderen loben. Du wirst erstaunt sein. Doch mehr verrate ich nicht. Wenn Du eine spannende Geschichte liest, willst Du ja auch nicht von Anfang an den Ausgang kennen.
enn Du dann müde ins Bett sinkst, laß Deinem Körper die Erholung. Doch Deinen Gefühlen und Deinem Geist gestatte, zu beobachten. Du kannst uns spüren, wenn Du willst. Wir sind immer um Dich herum, wenn Du uns zuläßt. Wenn dann Dein Körper in tiefen Schlaf gesunken ist, tanzen wir wieder gemeinsam die Ewigkeit nach der Melodie des Schöpferakkordes.
ährend Du diese Zeilen liest, sind wir bei Dir, denn schon der Gedanke an uns kann uns rufen. Erzähl uns Deine Wünsche, indem Du Deinen Träumen nachhängst. Erzähl uns, wie wir Dir helfen können. Schick uns Deine Liebe, damit da eine Straße ist, auf der die Hilfe leicht und umfänglich zu Dir fließen kann, denn Du bist der Straßenbaumeister. Deine Liebe fördert unsere Entwicklung; unsere Liebe hilft Deinem Weiterkommen.
Kannst Du Dich nun besinnen?
un, vielleicht ist es gerade Nacht und eine weiße Wolke schwebt heran. Niemand nimmt sie wahr, denn keine Lichtquelle erhellt sie. Sie läßt sich über ein Haus am Rande des Baches herabsinken und verharrt über dem steilen Dachfirst.
in leichtes Lachen liegt in der Luft, als sich viele Tropfen aus der Wolke lösen und die Schindeln benetzen. Doch die Natur schläft und mit ihr die Menschen. Nur eine Katze sitzt auf dem Apfelbaum und putzt sich das Fell. Sie schnurrt leise vor sich hin, als die Tropfen auch ihre Haare berühren. Dann verschwindet sie zwischen den Zweigen des Baumes…
Ich hatte Lust, heute Nacht eine Geschichte niederzuschreiben. Wenn sie Dir gefallen hat, freut mich das sehr. Gisa, 6.Mai 1997 |