Gisa, 24.6.2018
Eigentlich sind das Gedanken zur Gesundheit, zur Zu-Frieden-heit und zum Leben.
Was hindert uns daran, mit uns selbst in Frieden zu sein? Wir stehen ständig „unter Strom“ und haben das Gefühl, alles falsch zu machen. Wir haben nicht genug gearbeitet, wir haben uns nicht genügend bemüht. Wir fühlen uns als „defektes Modell“, dass ständig repariert werden muss. Wir fürchten den Tod, weil wir ja so fehlerhaft gelebt haben. Wir sind selbst schuld.
Das macht uns zu Sklaven eines fremden Denkmodells, denn tief in uns wissen wir, dass uns hier ein Fehler beherrscht.
Ich habe in letzter Zeit verschiedene Dokumentationen im TV gesehen. Sie zeichneten sich aus durch eine Sichtweise, die sich auf wenige Punkte beschränkt, aber Allgemeingültigkeit für sich in Anspruch nimmt. Schon die Formulierungen wie „das ist so“ weisen darauf hin, dass ein „es könnte so sein“ im Denken nicht vorkommt.
So behauptete der Sprecher eines Beitrags zu den ersten Bewohnern Nordamerikas (schon das „erste“ könnte, muss aber nicht sein), dass die Menschen nicht älter als 30 geworden wären. Woher will Wissenschaft das wissen? Sie haben vielleicht keine älteren Skelette gefunden. Aber sie dürften kaum alle finden können. Die Behauptung kann also nur lauten „Menschen, die älter geworden sind, konnten wir bisher nicht finden“. Es wurde behauptet, dass die Leute ihr Lager neben ihrer Beute aufgebaut hatten. Auch das ist nicht sicher, denn kein Raubtier schläft neben seiner Beute, weil es noch andere Raubtiere gibt, die auch Hunger haben können. Raubtiere verlassen die Beute, wenn sie sich vollgefressen haben. Die gesamte Dokumentation strotzte vor solchen Unsäglichkeiten.
Es ist nicht die einzige Doku, die so bedient wird. Fast alle zeichnen sich dadurch aus, dass Krieg und Raubzüge geschildert werden. Aus dem gesamten Spektrum des Lebens interessiert solche Dokus, wie Töten und Fressen funktioniert. Wenn dann die Kinderstube geschildert wird, geht es um die Futterbeschaffung, die ihrerseits wieder aus Töten und Fressen besteht. Wenn noch irgendetwas anderes interessiert (im Tierreich), dann ist es der Sex. Was übersehen wird, ist meist der Umstand, dass es die Weibchen sind, die sich um das Leben des Nachwuchses sorgen (von Vögeln abgesehen). Es heißt DER Hirsch, aber es ist die Rieke. Es heißt DER Löwe, aber es ist die Löwin, die auch die Jagd anführt und bestimmt.
Solange Schöpfung und Natur nur unter solchen Blickwinkeln geschildert werden, kann es nicht sein, dass wir das Leben in seiner Fülle erfassen. Vielmehr unterstellen wir so ausschließlich Mord und Totschlag.
Genau damit befassen sich auch Dokus, die die „Historie“ schildern. Es geht um die Kriege, die geführt wurden; und wer diese Kriege mit welchen Mitteln gewonnen hat. Wenn das tägliche Leben geschildert wird, dann unter dem Blickwinkel, worunter die Menschen gelitten haben. Es werden vor allem die Männer-Aktivitäten ins Auge gefasst. Wie Frauen mit dem Leben umgegangen sind, wird vernachlässigt. Dies hinterlässt ja auch keine Spuren oder Monumente, keine Denkmäler oder glitzernde Pracht.
Das Leben der Frauen, die in allen Gesellschaften mehr als 50% der Bevölkerung darstellen, wird in den meisten Dokumentationen totgeschwiegen. Das hindert uns am Paradies. Das friedliche Miteinander wird wie in Dholarvita/ Harappa vielleicht kurz bestaunt (keine Verteidigungswälle, keine Waffen, großartiges Wasser-Management, nur ein großes Bad und viele Spielsachen, 40000 Einwohner), aber es wird nicht weiter berücksichtigt. Diese Gesellschaft muss über 3000 Jahre erfolgreich gelebt haben, bis ein Klimawechsel sie zur Aufgabe ihrer Wohnstatt zwang. Aber auf 3000 Jahre friedliche Geschichte würden wir heute auch gerne zurückblicken. Dokumentationen wollen das offensichtlich nicht. Catal Höyük hatte 10000 Bewohner und das über Jahrtausende; auch keine Verteidigungsanlagen. Wenn Kulturen – und Städte müssen wir so nennen – so lange Zeit überdauern, können Krieg, Mord und Totschlag nicht bestimmend gewesen sein.
Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass die Menschheit 390.000 Jahre als Jäger und Sammler durch das Leben gedümpelt ist, bis sie sich entschloss, eben dieses Leben einfacher zu machen, indem sie ihre Fähigkeiten zusammenlegten und gemeinsam für den täglichen Bedarf sorgten. Es könnte immerhin sein, dass dort, wo keine Fluten das Leben bedrohten, Behausungen aus vergänglichen Materialien errichtet wurden – die Amazonas-Indianer machen dies bis heute. Es können sich auch in Holzhäusern Menschen zusammenfinden, die kulturelle Errungenschaften wie Geschirr und Besteck erfinden. Wir werden nur nach 50-60.000 Jahren nichts mehr davon finden. Daraufhin anzunehmen, es hätte keine Kultur gegeben, halte ich für anmaßend.
Vielleicht hatten wir das Paradies auf Erden, bis eine Klimaänderung zwang, das Gebiet zu verlassen. In Göbekli-Tepe sind Archäologen auf monumentale Bauwerke gestoßen. Diese werden als Tempel einer Jäger-Population definiert, weil sich ausschließlich Knochen als Essensreste fanden. Ich halte das für eine sehr dünne Beweislage. Vielleicht sollten wir einmal darüber nachdenken, warum die Leute selbst ihr Monument vorsichtig wieder zugeschüttet haben – Lage für Lage. Es wurde nicht zerstört, es wurde „beerdigt“.
Könnte es sein, dass frühere Kulturen – und die von Gobekli-Tepe ist eine Kultur! – die Vergänglichkeit des Lebens als Teil dieses Lebens verstanden. Vielleicht wussten sie, dass sie weiterziehen mussten, um zu überleben. Aber sie hinterließen eben nicht „verbrannte Erde“. Sie glichen alles wieder der Natur an, indem sie ihre früheren Stätten zu Hügeln veränderten. Diese „Tempel“-Monumente (Archäologen können offensichtlich nur an „Tempel“ dabei denken, denn die kennen sie aus Ägypten) waren vielleicht das Einzige, das aus Stein erbaut worden war; vielleicht war alles andere aus Naturmaterialien, die inzwischen restlos verrottet sind. Nordamerikanische Indianer haben, bis die Europäer kamen, in Tippis / Zelten gewohnt. Solche Häuser würden wir heute nicht mehr finden können. Wenn alles, was der Natur entnommen ist, sei es Tier oder Pflanze, bis auf die letzte Faser Verwendung gefunden hat, dann werden wir heute weder wissen, wo wir suchen sollen, noch können wir ermessen, was wir gefunden haben, wenn wir auf verrottete Pflanzen- und Tierreste stoßen. Die Annahme, es hätte keine „Kultur“ vorher gegeben, ist ebenfalls anmaßend. Archäologen müssen wieder lernen, „bis heute“ oder „nach dem Stand der Wissenschaft“ zu sagen. Vielleicht gab es vor der Steinzeit eine Holz-Zeit?
Das gilt für alle Wissenschaftler, die das Leben aus männlicher Sicht betrachten und ihre Forschungen auch auf diese Sicht begrenzen. Solange keine Fürsorge und kein Einfühlungsvermögen Einlass in die Forschung findet, gleichgültig welches Fachgebiet, wird sie eine halbe Sache sein und bleiben. Solange in den Köpfen der Wissenschaftler noch der Satz von Aristoteles herumschwirrt, dass Frauen „das Ergebnis eines feuchten Südwindes“ wären, werden diese Wissenschaftler ihr Ziel um 180° verfehlen.
Da unser Paradies davon abhängig ist, alles zu sehen, werden wir weiterhin außerhalb dieses Paradieses leben müssen, Teufel und Hölle fürchten und annehmen, dass wir ein unzuverlässiges Natur-Produkt seien. Wir werden randalierende Männer fürchten müssen, die andere Kulturen aus „religiösen“ Gründen, ein Gott wolle das so, zerstören. Wir werden eine Medizin fürchten müssen, die nie gelernt hat, Heilkunde zu betreiben und sich im Miteinander füreinander einzusetzen. Eben deshalb ist mir die Augenhöhe der Frauen und Männer so wichtig – nur dann sprechen wir vom Leben.
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