Indianische Geschichten, übersetzt von Rakuna
Schwarzmondin-Blut
Die Mondin war für sie die Wiege der Träume. Bequem reisten sie zur Kraft der abnehmenden Mondin – sich in ihre Sichel legend. Das Zusammenkommen von Dunkel und Licht war ihr Reisebeschleuniger. Die Mondträumerinnen gingen zur Kristallform dieser Wiegenkraft mit einer Frage, einer Verwunderung, einem Gedanken oder ihrem Offensein für neue Ausdehnungen. Jeden Abend verbanden sie sich mit der Mondin, mit immer ein wenig mehr Licht gefüllt.
Die zunehmende Mondin brauchte ihnen Beistand, Aufklärung, Ein-Sichten, Weisheit, Ein-Gebungen und heilige Ge-Heimnisse. Diese Traumzeit wurde in ihren Zeichnungen und ihrer Kunst kaum dargestellt – diese Reise war dafür viel zu heilig und viel zu kraftvoll. Sie mochten nicht die Gefahr heraufbeschwören, dass diese uralte heilige Reise missbraucht werden konnte.
Die Mondin herunterzubringen bedeutet Ganzheit zu bringen. Ihr Licht und Dunkel gehört in das Reich der Täuschung – hinter der Oberfläche ist die Form ihrer Kraft ganz und ungeteilt. Die Mondin verbringt Ganzheit zu unserer Leibform, zur Kristallform der Erde und zu allen, die dies empfangen möchten. Da gibt es jene, die leicht auf die WiegenReise mit der Mondin gehen können. Wie der Mondin Licht voller wird, so tritt auch die Klarheit der hellen u nd dunklen Seiten hervor, bis die Mondin und ihre Träumerin voll sind. In der Zeit des MondBlutes nahmen die Frauen ihren Raum abseits vom Tätig-Sein ihrer Familien ein und nährten die Erde und die Mondin mit ihrem heiligen, fruchtbaren und reichen Blut. Es war eine Gabe an die Mondmutter wie auch ein Sich-Öffnen der Frauen für die Fülle und Weisheit in der Geburt ihres Blutes. Die Geburt des Blutes war eine wirklich kraftvolle Zeit von Austausch zwischen den Menschen und der Mondin. Die Mondin half das ursprüngliche Blut zur Erde zu ziehen und sie mit dem Stoff des Lebens zu nähren. Dies war auch eine Reinigung der Bedanken und Taten, die nicht länger nützlich waren für die Frau und ganz bewusst stießen sie und die Mondin alles aus, was leiblich, gefühls- und verstandesmäßig sowie geistig losgelassen werden musste. Das Krampfen und der Schmerz für die Frauen kamen erst, als sie diesen bewussten, heiligen Reinigungsbrauch aufgaben. Das Blut wird jetzt von den Frauen mit vielen schlechten Gefühlen losgelassen und so kann es nicht reinigend wirken. So verbleiben nun überlebte KRÄFTE IN DER Gebärmutter der Frau und dem Schoß der Geburt. In den Tagen der ersten Menschen war der Schoß die Gefährtin der Mondin und heute wird dies von Frauen oftmals nur als lästige Höhle gesehen – es sei denn, einem Kind wird Geburt gegeben. Jenes Zusammenkommen der Frauen gebar die ersten „gebenden Kreise“: Die Frauen verbanden sich selbst ganz bewusst mit der Erde und mit der Mondin und ihren eigenen heiligen Geheimnissen. Sie teilten, lebten und feierten diese Zeit einmal in jedem Mondumlauf. Welche Ausstrahlung die Frauen besaßen, wenn sie nach ihrer Mond-Zeit zu ihren Familien zurückkehrten, gefüllt mit Weisheit und entleert von allen trennenden Kräften. Die Entscheidung der Frauen – und auch der Männer – ihre heiligen Reinigungsbräuche, die sie zutiefst mit der Erde, der Mondin und sich selbst verbanden, nicht mehr durchzuführen, hatte eine sehr schwere Unausgeglichenheit für alle Menschen zur Folge.
Der Mondbrauch der Männer war auch, ihr Träumer zu sein. Doch bevor sie ihren Leib der Mondin anbieten konnten, brauchten sie die Kraft der Sonne, ihren Leib zu reinigen, alle Unreinheiten auszuschwitzen. Später wurde dies zum Schwitzhütten-Brauch, das in allen ersten Stämmen als reinigende und läuternde Zeit für Männer bekannt war. Die Männer wussten, dass den Frauen mit ihrer Blutung eine natürliche Reinigung zu Eigen war. Die Männer sahen für sich im Schwitzen die Möglichkeit der leiblichen Reinigung, nutzten die Sonne und später das Feuer, um ihr „Blut“ herauszuziehen. So brachten sich die Männer zuerst ins Gleichgewicht und gingen dann zur Mondin.
Diese bewussten Reinigungsbräuche der Frauen und Männer brachten Übereinstimmung und Einklang in den All-Tag ihrer Familien, die Leuterung und Stärkung aller Kräfte: der Mondin, der Sonne, der Erde, der Gestirne und aller Wesen.